16. Etappe: Piazzola sul Brenta – San Valentino di Brentonico – 199 Km
Scaroni vor Fortunato, Doppel-Triumph für Astana, Carapaz stürmt
Einen Doppelerfolg feierten Christian Scaroni und Lorenzo Fortunato (beide XDS) auf der 16. Etappe des Giro d’Italia 2025 mit Bergankunft in San Valentino. Die beiden Italiener stammten aus der maximal 24-köpfigen Flucht des Tages. Mehrere Minuten dahinter drehte auf der ersten richtigen Alpenetappen Richard Carapaz (EF) auf, wohingegen Isaac del Toro (UAE) im Rosa Trikot des Gesamtführenden in den Gardasee-Bergen ordentlich ins Schwimmen geriet.
55 Sekunden hinter dem Spitzenduo belegte Giulio Pellizzari (RB) den 3. Platz, befreit vom Mühlstein Roglic, seinem Kapitän, der während der 16. Etappe endgülitg hinschmiss. Und auch Juan Ayuso (UAE), neben Roglic vorm Giro noch Top-Favorit auf den Gesamtsieg, verlor alle Ambitionen, weil er schon früh abreißen ließ.
So sah sich del Toro bei der ersten Stunde der Wahrheit im Schlussanstieg Attacken seiner Konkurrenten ausgesetzt. Dem Antritt des Gesamtzweiten Simon Yates (Visma) konnte del Toro noch folgen, ebenso wie Carapaz und Derek Gee (Israel). Dann attackierte Carapaz unwiderstehlich, schloss zum zuvor ausgebrochenen Pellizzari auf und erreichte 15 Sekunden hinter diesem das Ziel auf dem 4. Platz.
Gee löste sich in der Folgezeit von Yates und del Toro und kam 13 Sekunden hinter Carapaz an. Nächster Fahrer im Ziel war mit Cepeda ein früher Ausreißer, der am längsten mit Scaroni und Fortunato mithalten konnte. Zu Yates schloss Storer (Tudor) auf. Beide kamen 42 Sekunden hinter Carapaz ein. Del Toro wurde noch hinter Bernal (Ineos), Caruso (Bahrain) und 2 weitere frühe Ausreißer durchgereicht.

Plomi Foto
Ergebnis
1. Christian Scaroni (ITA) – XDS-Astana 5:35:05
2. Lorenzo Fortunato (ITA) – XDS-Astana gl.Zeit
3. Giulio Pellizzari (ITA) – Red Bull-Bora +0:55
4. Richard Carapaz (ECU) – EF Education-Easypost +1:10
5. Derek Gee (CAN) – Israel-Premier Tech +1:23
6. Jefferson Cepeda (ECU) – Movistar +1:43
7. Michael Storer (AUS) – Tudor +1:52
8. Simon Yates (GBR) – Visma-Lease a Bike gl.Zeit
9. Gijs Leemreize (NED) – Picnic-PostNL +2:19
10. Yannis Voisard (SUI) – Tudor +2:31
11. Egan Bernal (COL) – Ineos Grenadiers gl.Zeit
12. Damiano Caruso (ITA) – Bahrain Victorious gl.Zeit
13. Isaac del Toro (MEX) – UAE-XRG +2:46
14. Adam Yates (GBR) – UAE-XRG +3:07
15. Antonio Tiberi (ITA) – Bahrain Victorious +3:51
16. Einer Rubio (COL) – Movistar +4:03
17. Max Poole (GBR) – Picnic-PostNL +4:29
18. Davide Piganzoli (ITA) – Polti-Visitmalta +4:54
19. Tom Pidcock (GBR) – Q36.5 +5:53
20. Brandon McNulty (USA) – UAE-XRG +6:05
…
35. Juan Ayuso (ESP) – UAE-XRG +14:47
DNF Primoz Roglic (SLO) – Red Bull-Bora
DNF Joshua Tarling (GBR) – Ineos Grenadiers
DNF Alessio Martinelli (ITA) – VF Group-Bardiani
DNS Milan Fretin (BEL) – Cofidis
DNS Paul Magnier (FRA) – Soudal-Quick Step
Del Toros Vorsprung in der Gesamtwertung schmolz auf 26 und 31 Sekunden gegenüber Simon Yates und Richard Carapaz. Und auch Gee pirschte sich auf 91 Sekunden ans Rosa Trikot heran. Ayuso verlor fast eine Viertelstunde und fiel vom 3. auf den 17. Platz zurück. Das bisher so überlegene Allstar-Team aus den Emiraten fiel auf der 16. Etappe wie ein Kartenhaus zusammen.
69 Sekunden hinter Gee rückte Damiano Caruso vor auf den 5. Platz. Auf den 6. Platz verbesserte sich Egan Bernal, der allerdings während der 16. Etappe durch einen Sturz beeinträchtigt wurde. Storer kletterte von 12 auf 7, Pellizzari sogar von 18 auf 9. Pellizzari hatte in den 2 Wochen zuvor viel Zeit im Dienste von Roglic verschleudert. Sturzpilot Roglic fiel auf der 16. Etappe zum 4. Mal bei diesem Giro hin und stieg dann ins Teamfahrzeug. Der ebenfalls hoch gewettete Tiberi (Bahrain) verlor derweil weiter an Boden und fiel zurück auf den 8. Platz. Er trägt aber ab sofort anstatt Ayuso stellvertretend für del Toro das weiße Trikot für die Jungprofi-Wertung.
Gesamtwertung
1. Isaac del Toro (MEX) – UAE-XRG 61:31:56
2. Simon Yates (GBR) – Visma-Lease a Bike +0:26
3. Richard Carapaz (ECU) – EF Education-Easypost +0:31
4. Derek Gee (CAN) – Israel-Premier Tech +1:31
5. Damiano Caruso (ITA) – Bahrain Victorious +2:40
6. Egan Bernal (COL) – Ineos Grenadiers +3:23
7. Michael Storer (AUS) – Tudor +3:31
8. Antonio Tiberi (ITA) – Bahrain Victorious +4:07
9. Giulio Pellizzari (ITA) – Red Bull-Bora +4:36
10. Adam Yates (GBR) – UAE-XRG +5:08
11. Einer Rubio (COL) – Movistar +5:43
12. Davide Piganzoli (ITA) – Polti-Visitmalta +7:19
13. Max Poole (GBR) – Picnic-PostNL +7:34
14. Brandon McNulty (USA) – UAE-XRG +7:43
15. Thymen Arensman (NED) – Ineos Grenadiers +8:13
16. Tom Pidcock (GBR) – Q36.5 +8:35
17. Juan Ayuso (ESP) – UAE-XRG +13:27
Nach dem letzten Ruhetag starteten 167 verbliebene Fahrer in eine äußerst ungemütliche 16. Etappe – bei Dauerregen und unter Raumtemperatur. Stürze waren an der Tagesordnung. Mehrere Fahrer rutschten auf den durchnässten Straßen mal einfach so weg. 179 Kilometer vorm Ziel glitt Tarling (Ineos) in der 7-köpfigen Spitzengruppe in einem Kreisverkehr aus, krachte mit der Hüfte hart in die Leitplanke und krümmte sich vor Schmerzen.
An der Spitze blieben zunächst Rafferty (EF), Germani (Groupama), Barrenetxea (Movistar), Azparren (Q36.5), Cerny (Soudal) und van Aert (Visma). Über 30 Kilometer später löste sich eine 18-köpfige Verfolgergruppe im unteren Bereich des ersten von 4 Bergen der 16. Etappe. Mit dabei waren Guglielmi (Arkéa), Bilbao (Bahrain), Moniquet (Cofidis), Gudmestad (Decathlon), Gaudu (Groupama), Heiduk (Ineos), Petilli (Intermarché), Cepeda (Movistar), Engelhardt (Jayco), Leemreize (Picnic), Bais, Bais (beide Polti), Voisard (Tudor), Covili, Martinelli (beide VF), Fortunato, Masnada und Scaroni (alle XDS).
Kurz unterhalb des Gipfels schlossen die beiden Gruppen 128 Kilometer vorm Ziel zusammen, und oben zementierte Fortunato standesgemäß sein blaues Bergtrikot. Der Vorsprung vorm Hauptfeld betrug oben 6:30 Minuten.
In der Abfahrt fiel Alessio Martinelli an erster Position der Fluchtgruppe fatal in einer Linkskurve hin. Er schlitterte über die Straße und stürzte dann metertief in die Schlucht. Der Vorsprung der übrigen 23 Ausreißer weitete sich unterdessen bis zum nächsten Anstieg auf 8:30 Minuten aus. Das Team des Gesamtführenden del Toro schlug ein defensives Tempo an …
Im zweiten Anstieg übernahm einmal mehr bei diesem Giro das Team des angrifflustigen Bernal die Tempoarbeit. Ayuso gondelte, fummelnd an Handschuhen und Regenjacken, hinter der Musik in den Begleitfahrzeugen herum. Er kam zwar noch einmal zurück, aber das Unheil für ihn deutete sich hier schon an.
Im unteren Bereich der Abfahrt stürzte Bernal. Der zwischenzeitlich auf fast nur noch 5 Minuten gefallen Rückstand zur Spitze sprang danach schnell auf über 9 Minuten nach oben. 65 Kilometer vorm Ziel hatte sich vor den letzten 2 schweren Anstiegen der Regen verzogen, und die Sonne kam heraus.
Im kehrenreichen Anstieg hoch nach Santa Barbara fiel die bis hierhin immer noch 23-köpfige Spitzengruppe schnell auseinander. Oben waren schließlich Bilbao, Moniquet, Cepeda, Leemreize, Voisard, Fortunato und Scaroni vorn. Fortunato sicherte sich wie schon an den beiden Anstiegen zuvor die Bergpunkte. Er ließ die Maximalpunktzahl für den Tag nur liegen, weil er am Ende Scaroni den Etappensieg überließ. In der Bergwertung ums Blaue Trikot liegt er sowieso uneinholbar vorn.
Unter den Klassementfahrern platzte Ayuso früh im Anstieg endgültig ab, dazu aus den bisherigen Top-Ten Arensman (Ineos). Storer attackierte mit Max Poole (Picnic) am Rad. Bernal fiel ebenfalls zurück, kämpfte sich aber wieder heran an eine Gruppe mit del Toro, dessen Helfern Adam Yates und Majka sowie Pellizzari, Tiberi, Caruso, Carapaz, Gee, Rubio (Movistar) und Simon Yates. Diese Gruppe lag am Gipfel weniger als 10 Sekunden hinter Storer und Pool, denen wiederum 4 Minuten zur Spitze fehlten.
In der Abfahrt ließ es Voisard mächtig rollen. Das kurze Flachstück und den Fuß des 18,2 Kilometer langen, stufenförmigen Schlussanstieg erreicheite Voisard 20 Sekunden vor den 6 Verfolgern und 4:45 vor der Gruppe ums Rosa Trikot, der auch wieder Storer und Poole angehörten.
Im Schlussanstieg etablierten sich Fortunato, Scaroni und Cepeda als Verfolger von Voisard, der 13 Kilometer vor Schluss gestellt war. 2,5 Kilometer später setzte sich Scaroni nach vorne ab, und weitere 1,5 Kilometer später stellte auch Fortunato Cepeda loswerden. Er rollte vor zu Scaroni und man konnte teamintern den Tagessieger wählen.
Für die Gruppe der Klassementbesten machte im Schlussanstieg plötzlich der von vorne zurückgefallene van Aert Tempo für Simon Yates. Poole und Adam Yates ließen abreißen. Als van Aert fertig war, entschied sich Simon Yates gegen einen Angriff. Majka verschleppte das Tempo, so dass Adam Yates wieder zurückkam. Pellizzari nutzte diesen Moment für seine Attacke.
So dauerte es noch ein wenig, bis schließlich Simon Yates attackierte, und von da an war es Mann gegen Mann. Del Toro zeigte sich wie bisher immer beim Giro 2025 souverän und sprang mit, gefolgt von Carapaz. Außerdem versuchten es Gee, Storer und Rubio. Doch nur Gee kam hin.
Der Moment des Tages folgte: Mit einer Mischung aus Cleverness, Spritzigkeit, Kraft und Willensstärke trat Carapaz explosionsartig aus 3. Position an. Gee hinter ihm konnte und wollte nicht reagieren. Yates und del Toro wirkten überrumpelt und konnten auch nicht antworten. Im Gegenteil: Gee rollte den beiden wenig später davon. Del Toros Bilanz war gebrochen.
Carapaz schloss zu Pellizzari, der sich fortan hinten anhängte. Nur ganz zum Schluss sprang er für den 3. Platz wieder davon. Storer erreichte Yates und del Toro, der wiederum auch diese beiden ziehen lassen musste. Bernal, Caruso und kurzzeitig noch einmal Adam Yates schlossen auf zu del Toro, der aber wenig später wieder ganz allein war. Denn Bernal und Caruso hängten ihn ab. Del Toro verlor 1:36 Minuten auf Carapaz und 54 auf Simon Yates und rettete damit vorerst das Rosa Trikot.
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