Distanz: 267,5 km
Wieder Pogacar mit 100-Kilometer-Flucht
Herbert Moos Foto
Tadej Pogacar (Slowenien) verteidigte bei der Straßen-WM 2025 in Kigali beeindruckend seinen Titel im Straßenrennen durch eine weitere Mammut-Flucht. Der 27-jährige Top-Favorit attackierte schon 105 Kilometer vor dem Ziel am Mont Kigali und war die letzten 78 Kilometer als Solist an der Spitze unterwegs. Damit gelang Pogacar die Revanche gegen seinen einzigen vermuteten Konkurrenten Remco Evenepoel (Belgien), der ihn im WM-Einzelzeitfahren überholt hatte. Evenepoel geriet schon bei Pogacars Offensive ins Hintertreffen, berappelte sich aber nach einer Phase des Lamentierens und fuhr noch zu Silber. Um Bronze stellte Ben Healy (Irland) innerhalb der letzten 7 Kilometer am vorletzten Anstieg Mattias Skjelmose (Dänemark) ab.
Vor begeisterten Zuschauermassen kam es bei der ersten WM in Afrika auf dem anspruchsvollen Parcours zu den erwartet großen Abständen. Nur 30 der 165 Starter erreichten das Ziel. Der alte und neue Weltmeister Pogacar hatte dort nach 267,5 Kilometern 1:28 Minuten Vorsprung vor Evenepoel, über 2 vor Healy und fast 3 vor Skjelmose. Evenepoel hatte Healy und Skjelmose in der vorletzten der 15,1-Kilometer-Runden des Stadtkurses von Kigali abgehängt. Im Ziel vergingen über 6 Minuten, bevor Toms Skujins (Lettland) als Bester des Rests für den 5. Platz auftauchte.
Es folgten Giulio Ciccone (Italien), Isaac del Toro (Mexiko), Juan Ayuso (Spanien) und Alfonso Eulalio (Portugal). Über 9 Minuten hinter Pogacar ergatterte Tom Pidcock (Großbritannien) im Sprint gegen Primoz Roglic (Slowenien) den letzten Top-Ten-Platz. Pidcock hatte im Rennen um die Medaillen nicht mehr in der Verfolgergruppe das Tempo von Evenepoel, Healy und Skjelmose mitgehen können. Del Toro und Ayuso versuchten zuvor als einzige, Pogacars Attacke mitzureiten. Ayuso platzte schon kurz danach an der Mauer von Kigali ab. Del Toro leistete Pogacar noch bis 76 Kilometer vorm Ziel Gesellschaft.
Del Toro und Ayuso wollten mitfliegen
Die frühe Spitzengruppe des Tages – bestehend aus Anders Foldager (Dänemark), Julien Bernard (Frankreich), Menno Huising (Niederlande), Ivo Oliveira (Portugal), Fabio Christen (Schweiz), Marius Mayrhofer (Deutschland) und als Nachzügler Raul Garica Pierna (Spanien) – spielte nicht die geringste Rolle in einem brutal ausgefahrenen Rennen. Nach den ersten 9 Runden auf dem Stadtkurs waren schon nur noch Foldager, Oliveira und Bernard vorn, als es raus auf die größere Runde mit Mont Kigali und Mauer von Kigali ging. Bernard wurde als letzter Ausreißer kurz nach Pogacars Attacke vom Weltmeister sowie del Toro und Ayuso überholt.
Über den längeren Mont Kigali hinweg brachte das Spitzentrio 12 Sekunden Vorsprung mit in die kürzere, aber steilere Mauer von Kigali. Auf dem dortigen Pflaster fuhr del Toro von vorn. Ayuso konnte dies Schlagzahl nicht mehr mitgehen. Oben kamen del Toro und Pogacar 50 Sekunden vor einer ersten Verfolgergruppe aus dem Menschenspalier heraus. Dazwischen hing Ayuso auf verlorenem Posten.
Evenepoel zu Silber trotz erneut infantiler Episode
Noch dahinter inszenierte Evenpoel wie so oft eine sich anbahnende Niederlage mit größtmöglichen Drama. Er wechselte 2-mal sein Rennrad und stellte sich dabei so trotzig und dumm an, dass er extra lange auf das Teamfahrzeug musste. Davor und danach schlug er auf seine Rennmaschnine ein und trat während des einen Radwechsels wie ein kleines Kind in die Luft. Anders als sonst erholte sich die Drama-Queen von dieser Episode und rollte das Feld von hinten auf.
Zurück auf dem Stadt-Rundkurs hatten Pogacar und del Toro 6 Runden vor Schluss 45 Sekunden Vorsprung vor einer inzwischen zusammengeschlossenen Verfolgergruppe. Evenepoel war zu diesem Zeitpunkt noch mehr mit seiner Wut und seinem Rennrad beschäftigt als mit dem Rennen selbst.
Healy als Drittbester folgerichtig zu Bronze
Im sich abzeichnenden Kampf um Bronze hinter Pogacar und del Toro probierten es Healy, Pawel Siwakow (Frankreich) und Mikkel Honoré (Dänemark) 73 Kilometer vorm Ziel als Trio. An der Spitze versuchte Pogacar augenscheinlich del Toro noch mitzunehmen, hängte diesen aber dann doch während der fünftletzten Runde ab. Es ging hinter ihm also um Silber und Bronze – und vielleicht doch noch um die Einholung Pogacars?
Denn nun legte Evenepoel den Schalter um und ließ es laufen. Er holte dadurch del Toro und das Verfolgertrio ein und zerlegte die erste größere Verfolgergruppe sogleich an der Côte de Kimihurura, dem gepflasterter zweiten und letzten Anstieg des Rundkurses. In der Vorentscheidung um Silber und Bronze konnten nur noch Healy, Skjelmose, Pidcock und Jai Hindley (Australien) bei Evenepoel bleiben.
4 Runden vor Schluss, also noch über 60 Kilometer vorm Ziel, betrug der Abstand zwischen Pogacar und Verfolgerquintett exakt eine Minute. Obwohl die Verfolger zusammenarbeiteten, pendelte der Abstand weiterhin um die Minutenmarke. Kurz hinter dem Quintett ware Ayuso und Paul Seixas (Frankreich) unterwegs, aber als Duo chancenlos. Innerhalb der letzten 50 Kilometer wurden beide und der kurz zuvor zu ihnen aufschließende Siwakow von einer Verfolgergruppe gestellt – eine Minute hinter dem Evenepoel-Quintett und 2 hinter Pogacar.
Diese Gruppe fuhr dann den 5. Platz untereinander aus, weil Hindley und Pidcock 47 Kilometer vor Schluss an der drittletzten Kimihuruha aus der ersten Verfolgergruppe zurückfielen. Evenepoel, Healy und Skjelmose bekamen den Rückstand zu Pogacar einfach nicht kleiner. Als dieser sogar leicht nach oben anstieg, attackierte Evenepoel an Côte de Kigali Golf, dem anderen Anstieg des Rundkurses, rund 22 Kilometer vorm Ziel.
Healy und Skjelmose duellierten sich ungefährdet um Bronze wegen des eklatanten Rückstandes hinter ihnen. In der letzten Côte Kigali Golf musste Skjelmose abreißen lassen, so dass Healy mit strahlendem Gesicht zu Bronze fuhr, wohingegen bei einem bedienten Evenepoel im Ziel die Tränen flossen, um das Drama rund zu machen. Für Pogacar ist ein hoch überlegener Sieg indes der Normalfall …
Ergebnis
1. Tadej Pogacar (SLO) 6:21:20
2. Remco Evenepoel (BEL) +1:28
3. Ben Healy (IRL) +2:16
4. Mattias Skjelmose (DEN) +2:53
5. Toms Skujins (LAT) +6:41
6. Giulio Ciccone (ITA) +6:47
7. Isaac del Toro (MEX) gl.Zeit
8. Juan Ayuso (ESP) gl.Zeit
9. Alfonso Eulalio (POR) +7:06
10. Tom Pidcock (GBR) +9:05
11. Primoz Roglic (SLO) gl.Zeit
12. Mikkel Honoré (DEN) +9:07
13. Paul Seixas (FRA) gl.Zeit
14. Harold Tejada (COL) gl.Zeit
15. Pawel Siwakow (FRA) +9:47
16. Jai Hindley (AUS) +10:01
17. Andrea Bagioli (ITA) +10:06
18. Marc Hirschi (SUI) gl.Zeit
19. Michael Storer (AUS) +10:12
20. Carlos Canal (ESP) gl.Zeit
21. Bauke Mollema (NED) gl.Zeit
22. Gianmarco Garofoli (ITA) +10:16
23. Kevin Vermaerke (USA) gl.Zeit
24. Arjom Nytsch (—) gl.Zeit
25. Andreas Leknessund (NOR) +10:18
26. Cian Uijtdebroeks (BEL) gl.Zeit
27. E. Svestadt-Bardseng (NOR) +10:48
28. Valen. Paret-Peintre (FRA) +10:59
29. Jan Christen (SUI) +11:55
30. A. Ghebreigzabhier (ERI) +12:04
– 165 Teilnehmer, davon 30 klassiert.

