Ötztaler Radmarathon 2013: Roberto Cunico vor Jörg Ludewig

Der Ötztaler Radmarathon wurde heute seinem Ruf als schwierigster Marathon der Alpen mehr als gerecht. Bei schwierigen Wetterverhältnissen starteten dennoch 3352 Fahrer und Fahrerinnen, um sich ihren Traum vom Ötztaler zu verwirklichen. Bis zum Schluss lieferten sich die Spitzenfahrer ein hochspannendes Duell um den Sieg.oerm13_6_leo_holzknecht Foto: Leopold Holzknecht

„Zuallererst sind wir froh, dass der Ötztaler durch gute Organisation und sehr disziplinierte Teilnehmer ohne größere Stürze und Verletzungen über die Bühne gegangen ist“, zeigt sich Renndirektor Rupert Scheiber erleichtert. Regen von Sölden bis zum Brenner zeichnete den diesjährigen Ötztaler aus. Dennoch zeigten sich viele der Starter aus 34 Nationen unbeeindruckt und absolvierten die 238 Kilometer. Die letzten Finisher werden heute wieder kurz vor 21 Uhr in Sölden erwartet und noch vor den eigentlichen Schnellsten bei der Siegerehrung vorgestellt. Denn sie sind die wahren Helden des Mythos „Ötztaler Radmarathon“.

„Ich muss vor jedem einzelnen Finisher wirklich den Hut ziehen“, erklärt Ötztaler Mastermind Ernst Lorenzi. „Wenn du bei Regen um knapp vor sieben Uhr am Start hast und dennoch den Mut aufbringst, diese Runde zu starten, dann kann man wirklich von echten Helden sprechen.“

Der Ötztaler zeigte Zähne

Natürlich hatte der Besenwagen des Ötztalers heute mehr zu tun als bei Schönwetter. Vor allem bis hin zum Kühtai verließ viele Teilnehmer der Mut und sie machten sich wieder zurück auf den Weg nach Sölden. Auch am Kühtai selbst – der ja eigentlich der steilste der Pässe auf dieser Runde ist – stiegen heute viele Fahrer aus. „Wir haben hier sehr gut reagiert. Wer nicht mehr weiterfahren wollte, wurde von unseren Helfern betreut und wir haben die Fahrer und Fahrerinnen dann so schnell wie möglich wieder an den Start gebracht“, lobt Rupert Scheiber die vielen freiwilligen Helfer an der Strecke, die sich rührend um die Fahrer gekümmert haben. „Organisatorisch haben wir uns im Vorfeld sehr gut aufgestellt. Hier profitieren wir von unserer langjährigen Erfahrung, denn schwere Wetterbedingungen sind beim Ötztaler schon öfters aufgetreten“, meint Scheiber weiter. Bis Innsbruck entschieden sich dann doch rund 700 Starter dazu, in diesem Jahr nicht weiterzufahren.

Das Sportliche

Der Ötztaler Radmarathon war heuer ein spannendes Rennen mit einer internationalen Spitzengruppe und ungewöhnlich vielen Fahrern, die bis zum Anstieg auf den Jaufenpass gemeinsam unterwegs waren. Insgesamt 24 Fahrer waren bis Gasteig am Beginn des Jaufenpasses zusammen und hielten gemeinsam das Tempo hoch. In dieser Spitzengruppe vereint fand man die bekanntesten Namen der Marathonszene genauso, wie Tiroler Spitzenfahrer und ehemalige Radprofis. Jörg Ludewig, der deutsche Ex-Profi, Vorjahressieger Stefan Kirchmair, der Ötztaler Emanuel Nösig, die zwei starken Italienier Enrico Zen und Roberto Cunico sowie der Belgier Bart Bury setzten sich dann bis zum Jaufenpass von der 24-Mann-Spitzengruppe ab und fuhren auch gemeinsam von St. Leonhard zum entscheidenden Anstieg aufs Timmelsjoch.

Entscheidung am Timmelsjoch

„Ich habe noch nie so ein spannendes Duell auf das Timmelsjoch gesehen“, erzählt Oliver Schwarz, GF Ötztal Tourismus, der im Rennleiter-Auto die Runde mitfuhr und die Spitzenfahrer begleitete. Die Kehren hinauf auf das Timmelsjoch brachten auch eine Vorentscheidung. Roberto Cunico – einer der bekanntesten Marathonfahrer Italiens aus Treviso – konnte sich mit dem ehemaligen deutschen Radprofi Jörg Ludewig absetzen.

Gemeinsam fuhren sie über das Timmelsjoch und rasten auf trockener Strecke Sölden entgegen. Auf dem letzten kleinen Anstieg kurz nach Zwieselstein konnte Cunico die entscheidenden 100 Meter herausfahren, um dann in Sölden als Sieger einzufahren. Die Siegerzeit des Italieners: 7 Stunden 13 Minuten und 6 Sekunden.

Im Ziel konnte der Mann aus der Nähe von Treviso seine Tränen nicht mehr halten. Schon mehrmals hatte Cunico probiert, den wichtigsten Marathon zu gewinnen. Heuer ist es im – auch mit Hilfe seines Teamkollegen Enrico Zen endlich gelungen. „Ich habe seit zehn Jahren den Traum, den Ötztaler zu gewinnen. Heute bin ich wirklich im siebenten Himmel“, erklärt Cunico. „Ich möchte mich vor allem bei Enrico Zen bedanken, aber auch bei Jörg Ludewig. Wir haben gemeinsam das Rennen gemacht und Jörg sollte eigentlich mit mir auf der höchsten Treppe des Siegerpodests stehen.“

Nur zwölf Sekunden hinter Cunico sorgte Jörg Ludewig für eine Sensation aus deutscher Sicht. Der Exprofi vom ehemaligen Team Saeco, der heute Hobbysportler trainiert, hat einen wahren Husarenritt über die Pässe gewagt. „Ich habe heuer bei der Transalp gespürt, dass die Form stimmt, dass ich aber aufs Podium komme, hätte ich mir nie erträumt“, erklärt Jörg Ludewig, der seinen Erfolg den vielen Hobbysportlern widmet. „Was diese Menschen hier leisten, das kann man sich einfach gar nicht vorstellen. Die Leiden sind für uns Spitzenfahrer die gleichen, aber für die Hobbysportler sind es unglaubliche Leistungen.“ Dritter des heurigen Ötztalers wurde Cunicos Teamkollege Enrico Zen.

Bester Österreicher wurde ein Ötztaler: Emanuel Nösig, der heuer schon Amateur-Staatsmeister wurde, kam überglücklich auf Platz 5 ins Ziel. Gefeiert wird aber jeder, der ins Ziel kommt, denn der Ötztaler war heuer so schwer wie kaum zuvor.

Die besten Damen

Herausragende Leistungen lieferten auch die Damen beim heurigen Ötztaler. Insgesamt starteten heute 154 Damen. Die Siegerin bei den Damen kommt heuer aus Deutschland. Monika Dietl aus Freising bei Bayern bewältigte die Strapazen in deiner Zeit von 8 Stunden 29 Minuten und 43 Sekunden und war am Ende im Ziel vollkommen erschöpft. Vor allem bei den Auffahrten auf den Jaufenpass und aufs Timmelsjoch konnte sie ihre Konkurrentinnen entscheidend abschütteln, konnte aber im Ziel vor Erschöpfung kaum noch ein Interview geben. „Es war durch den Regen am Anfang ein unglaublich schwieriges Rennen. Aber ich habe noch nie so viele Zuschauer auf der Strecke und auch im Ziel gesehen wie heuer. Das hat mich unglaublich motiviert und so konnte ich vom Timmelsjoch herunter bis nach Sölden noch einmal alle Kräfte mobilisieren.“ Mehr als 22 Minuten Rückstand hatte die zweite Dame im Ziel: Nadja Prieling aus Reith bei Kitzbühel sorgte für einen österreichischen Podiumsplatz bei den Damen. Platz 3 ging bei den Damen ebenfalls an eine Österreicherin – und zwar an Simone Käferböck.

Die Sieger des Ötztaler Radmarathons werden traditionell heute, Sonntag, um 21 Uhr abends ihre Trophäen überreicht bekommen. Warum so spät? Zuerst warten alle Radfans in Sölden auf die Ankunft der letzten Fahrer, die heuer noch das Ziel erreichen. Und das ist kurz vor 21 Uhr. Der oder die Letzte wird dann vor der eigentlichen Siegerehrung aufs Podest geholt und von rund 3000 Zuschauern genauso bejubelt wie die besten. Denn das ist der wahre Geist des Ötztaler Radmarathons: Jeder ist ein Sieger.

Zahlen, Daten, Fakten zum Ötztaler Radmarathon 2013:

Gestartet in Sölden: 3353

Gestartete Männer: 3198

Gestartete Frauen: 154

Siegerzeit Männer OVERALL: Roberto Cunico (ITA) in 7:13.06

Siegerzeit Damen OVERALL: Monika Dietl (D) in 8.29.43
Quelle: Ötztaler Radmarathon

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