Am kommenden Wochenende läuft das 12. Internationale Festival des Fahrrad-Films in den Flottmann-Hallen, Herne. Am Samstag stehen 19 Filme aus 13 Ländern im Wettbewerb um die Goldene Kurbel, den Filmpreis für den besten Fahrrad-Film.
Das 12. Programm des International Cycling Film Festivals hat einen fahrradfahrenden Superhelden. Er heißt Granny-Man und ist ein gehäkeltes Topflappenmonster im Kampf gegen den fiesen Autoverkehr. Er verliert, kommt darüber hinweg und ruft – mit selbst-gesponnener Superhelden-Wolle – seine Botschaft an die Welt: Breathe, Dance, Smile!
Besonders schön lächelt es sich auf dem Fahrrad, dem Transportmittel für alle, die sich als Freigeist fühlen. Dies beweisen viele der Filme, die im Programm des 12. Internationalen Festivals des Fahrrad-Films zu sehen sind. Sie widmen sich dem freien Leben, ohne Assistenzsystem, in einer offenen Gesellschaft.
Dokumentation: „Mama Agatha“
Die internationalen Dokumentationen des 12. ICFF zeigen verschiedene Facetten der offenen Gesellschaft und der Rolle des Fahrrads. Die Protagonistin eines Films, Agartha Frimpong, 59 Jahre alt und voller Lebensenergie, bringt 15 Frauen mit unterschiedlichsten Migrationshintergründen das Fahrradfahren bei – die zentrale Kulturtechnik der Niederlande. Im Film „Mama Agatha“, gedreht von Fadi Hindash, erobern die Frauen schließlich die Straßen Amsterdams, per Rad und allen interkulturellen Verflechtungen zum Trotz.
Kurzspielfim „The Cyclist“
Dass die offene Gesellschaft bisweilen eine Utopie ist, ist ein Thema verschiedener kurzer Fahrrad-Spielfilme. „The Cyclist“ ist einer von ihnen. Filmemacherin Sarah Grant, Schottland, erzählt die Geschichte einer Flucht aus einem würdelosen Bankangestellten-Dasein. In der Wiederentdeckung des echten Lebens und der Liebe spielt das Fahrrad selbstverständlich eine Schlüsselrolle.
Persönlichkeiten des Fahrradbaus im Portrait
Ein Spezialthema des diesjährigen Festivals ist der Fahrrad-Rahmenbau, ein Handwerk, dass Freigeister in besonderem Maße anzusprechen scheint. Dazu zählt Georgena Terry, eine amerikanische Rahmenbauerin, die sich intensiv mit der Physis von Frauen in ihrem von Männern dominierten Handwerk beschäftigt. Sie verändert die Standard-Geometrie von Fahrrädern und baut selbstbewusst und kunstvoll Fahrräder, nicht nur für Frauen.
In vielerlei Hinsicht kunstvoll ist der Film „Made in Langendreer“: Filmemacher Eric Jobs begleitet den Tüftler Helmut Schröder beim Bau eines Fahrrads. Das Baumaterial ist Eibenholz, so beginnt der Film bei der botanischen Komponentensuche auf städtischen Kompostanlagen mit Axt und Säge. Auf dem Weg zum fertigen Rad wird klafterweise Holz gebogen, viel geredet und noch mehr geraucht. Ein absolut sehenswerter Film mit Lokalkolorit.
Für ungewöhnliche Unterhaltung sorgen verschiedene filmischen Eskapaden des Filmpro-gramms. Die größte von Ihnen führt in die USA: Das Tall Bike von Richie Trimble ist ein Hochrad triumphaler Größe und die Krone jeder Kritischen Masse. Sein Film „STOOPIDTALL“, in luftiger Höhe vom Sattel gefilmt, ist nichts für schwache Nerven. Dies gilt auch für den Film „Bear“ von Nash Edgerton, der den atemberaubendste Stunt in der Geschichte des Fahrrad-Films enthält.
Aber was sagt Granny-Man? Breathe, Smile, Dance!
Goldene Kurbel und Rahmenprogramm
Höhepunkt des Abends ist die Verleihung der Goldenen Kurbel für den besten Fahrrad-Film. Der von der Hohen Programmkommission des Festival vergebene, älteste Filmpreis für Fahrrad-Filme weltweit, ist in diesem Jahr erstmalig mit Preisgeldern in Höhe von 500 Euro dotiert, die von der Kulturinitiative Herne gestiftet wurden.
Das Filmprogramm wird umrahmt von der Fotoinstallation „schilder in der fahrradstadt“ von Friedbert Rogge. Es gibt ferner Retrofahrräder und Kunst anzuschauen, zu hören ist DJ Mono an seinen Philips-Mono-Plattenspielern, und die VeloKitchen Dortmund kocht ein veganes Süppchen. Beste Zutaten für einen schönen Abend der Fahrrad-Kultur in den Flottmann-Halle, Herne.
Am Vorabend: Rough Conditions Adventure Film Festival – 20. Oktober
Zur Einstimmung ins Filmfestival-Wochenende beginnt am Freitag, den 20.Oktober um 20 Uhr das inzwischen dritte Rough Conditions Adventure Film Festival. Mit acht Filmen, einem Vortag über das neueste Abenteuer von Erwin Zantinga, Kopf der niederländischen Adventure Society, und einer offenen Podiumsdiskussion wird dem Abenteuer auf den Grund gegangen. Ein intensiver Abend über die Sehnsucht nach Ungewissheit. Ohne Lebensgefahr, ohne Energy-Drink, mit oder ohne Fahrrad.
International Cycling Film Festival
Das International Cycling Film Festival wurde 2006 gegründet und zeigt Filme, die das Fahrrad zum Thema oder als wichtiges Sujet haben. Es findet jährlich an fünf festen Spielstätten in Deutschland, Polen und den Niederlanden statt und gibt zahlreiche Gastspiele in Europa. Es wird organisiert vom Europäischen Büro für Filmkunst und Fahrrad-kultur e.V. gemeinsam mit dem Bochumer „Team Hollandse Frietjes – non-professional cycling“ und dem Herner Roomservice – Forum für Jugendkultur.
Zeitplan
20. Oktober 2017, 20 Uhr – 3rd Rough Conditions Adventure Film Festival
21. Oktober 2017, 20 Uhr – 12. Internationales Festival des Fahrrad-Films
(ab 17.30 Uhr Rahmenprogramm mit Fahrradspezialfilmen u.v.m.)
Veranstaltungsort:
Flottmann-Hallen, Straße des Bohrhammers 5, 44625 Herne
Eintritt:
20. und 21. Oktober, 20 Uhr: 5 Euro
Weitere Informationen zum Festival gibt es im Internet:
http://www.cyclingfilms.de – Fotos in höchster Qualität unter „Presselounge“
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Gernot Mühge // Chris Wawrzyniak
12th International Cycling Film Festival
Groningen // Herne // Katowice // München // Wiesbaden