Der Macher der Rheder City-Nächte hat Radsportgeschichte geschrieben
Rudi Hengstermann, der Macher der Rheder City-Nächte, ist tot. Im Alter von 77 Jahren verstarb der Geschäftsführer des RV Central Rhede am Dienstag, 17. Februar 2015, nach längerer Krankheit. Das gab die Familie am Donnerstag über den Radsportverein bekannt.
Rudi Hengstermann wird in aller Stille beerdigt. Das sei sein letzter Wunsch gewesen. Verabschiedet hätte er sich von der großen Radsportgemeinde mit dem Ende der 21. City-Nacht 2012. So sollten ihn die Fans in Erinnerung behalten, formulierte der Rheder seinen letzten Wunsch.
Agil und vital – so kannten ihn seine Freunde, so respektierten ihn seine sportlichen Gegner. Rudi Hengstermann war die personifizierte City-Nacht, holte Tausende von Fans jedes Jahr nach Rhede zum größten Radsportspektakel des Münsterlandes. Er besuchte die City-Nacht-Sponsoren – natürlich – mit dem Rennrad.
Rudi Hengstermann war Antreiber, Anschieber, Anheizer. „Du musst ständig Gas geben!“ Das Motto seines Vaters, ausgesprochen anlässlich der Vollendung des 75. Geburtstages am 14. Juli 2012, war auch sein Lebensmotto. Rudi Hengstermann – ein Energiebündel ersten Ranges.
Und das bereits als junger Kerl. 13 Jahre lang fuhr der Sprinter in seiner radsportlichen Sturm- und Drangphase auf Straße und Bahn, zwischen 1950 – als damals 13-Jähriger – und 1963. Lang ist‘s her, aber seitdem ist der Name Hengstermann in der deutschen und internationalen Radsportlandschaft ein Begriff. Er öffnete Türen, die anderen verschlossen blieben. Spitzenfahrer der Tour de France wie der ehemalige siebenfache Gewinner Lance Armstrong gaben sich in Hengstermanns Garten über die Jahre hinweg die Klinke in die Hand.
Rudi Hengstermann ließ als Aktiver die meisten bekannten Namen im Sprint stehen, gewann gegen den späteren dreimaligen Querfeldeinweltmeister Rolf Wolfshohl, gegen Hennes Junkermann und Ede Ziegler, fuhr in der Jugendnationalmannschaft, lernte die großen Bahnrennen in Dortmund, Bremen, Amsterdam oder Antwerpen kennen, war als Jugendlicher deutscher Winterbahnmeister und konnte seinem Hobby doch nicht so sehr frönen, wie er das gerne getan hätte: Der junge Rudi tingelte mit dem Milchwagen durch Rhede und übers Land, verkaufte Milch und Butter und hatte für die Kleinen immer ein Bonbon in der Tasche. Da blieb wenig Zeit zum Training. Oft setzte er sich damals abends spät auf die Rennmaschine und fuhr seine Lieblingsstrecke bis Reken und zurück, mit einer auf dem Lenker provisorisch montierten Taschenlampe. Rudi Hengstermann hat ein Stück regionale Radsportgeschichte geschrieben: Das erste Rennen bestritt der damals 13-Jährige für die Radlerfreunde 1924 Bocholt, die die alte Radrennbahn in Rhede (auf dem heutigen Gelände des Sportzentrums) nutzten – und gewann. Später fuhr er für die Radsportgemeinschaft 98/09 Bocholt; beide Klubs fusionierten in den siebziger Jahren zum Radsportclub 1977 Bocholt (mit dem bereits verstorbenen Bahnvierer-Olympiasieger Karl-Heinz Henrichs, der Olympiazweiten auf der Straße, Jutta Niehaus, oder Querfeldein-WM-Fahrer Rainer Paus). 1991 wurde der RV Central Rhede – vor allem von Rudi Hengstermann und seinem Sohn Uwe – wieder aus der Taufe gehoben. Eine über hundertjährige Radvereinsgeschichte fand ihre erfolgreiche Fortsetzung mit den Großveranstaltungen Rund um Rhede im Frühjahr und der City-Nacht im Sommer. Weit mehr als eine Viertelmillion Zuschauer pendelte zu den Rennstrecken. Und viele Weltstars ließen sich wie die Fans vom Rheder Feier-Bazillus City-Nacht infizieren. Zum Beispiel Lance Armstrong, Erik Zabel, Rolf Aldag, Alexander Winokurow, Marcel Wüst, Ivan Basso, Danilo Hondo, Fabian Wegmann, Tony Martin oder André Greipel; andere kamen zum fröhlichen Wiedersehen: Rudi Altig, Didi Thurau, Patrick Sercu, Hennes Junkermann, Rolf Wolfshohl, Hennie Kuiper.
Die Großen des Radsports – Rudi war mit allen per Du.