Am Rande der Thüringen-Rundfahrt der Frauen 2013 äußert sich deren Gesamtleiterin und die Managerin des teilnehmenden Teams maxx solar-Stevens, Vera Hohlfeld, zu Weiterentwicklungen, die sie im und um den Frauenradsport fordert. Wir informieren mit Auszügen aus einem Beitrag, der am 13.07.2013 in der Thüringer Allgemeinen aus der Feder von Michael Voss erschien.
Erfurt. Frauenradsport ist ihre Leidenschaft, für die Vera Hohlfeld mit ihrem Organisationsteam bis zu 14 Stunden am Tag arbeitet. Dennoch, oder gerade deshalb, findet die Chefin der Thüringen-Rundfahrt nicht alles toll, was in ihrem Metier passiert. Rund um die weltweit bedeutendste Frauen-Tour, eine Woche durch den Freistaat, brennen der Erfurterin Kritikpunkte auf den Nägeln.
„Frauenradsport muss insgesamtt professioneller werden“, sagt die Olympia-Vierte, um dann ins Detail zu gehen. „Zu einem Teil sind die Mädels dafür in der Pfflicht“, betont die 41-Jährige. Zum modernen Sport gehöre, sich nach außen gut zu verkaufen, Marketing für sich selbst zu betreiben. Hohlfeld: „Da gibt es Sportlerrinnen, die das noch nicht verinnerlicht haben, die sich später aber beschweren, warum sie öffentlich nicht oder angeblich falsch dargestellt werden.“ Als positives Beispiel sieht sie Hanka Kupfernagel. Die Thüringer Ausnahme-Radsportlerin, die mit 39 erneut bei der Rundfahrt dabei ist, wisse sich attraktiv zu präsentieren. Dazu komme eine aggressive Fahrweise, die viele fasziniere. „Wenn wwir eine oder zwei Handvoll solche Fahrerinnen wie Hanka in Deutschland hätten, würde Frauenradsport schnell einen anderen Stellenwert erreichen.“ Stattdessen hat Hohlfeld, die zugleich das Thüringer Team Maxx-Solar führt, eine andere Tendenz festgestellt: „Fahrerinnen beschäftigen sich zu viel mit Nebensächhlichkeiten, anstatt sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Dass hemmt die sportliche Weiterentwicklung, ist zum Scheitern verurteilt“, ist Hohlfeld überzeugt. Damit Talente motiviert bleiben, muss aber auch das Strukturelle stimmen. Und da fordert Hohlfeld ein Umdenken. Die Voraussetzungen seien für Radsportlerinnen nicht optimal. „Ich habe den Eindruck, die Mädchen gelten oft nur als Randerscheinung.“ Anstatt dass sie durchweg mit den Jungs trainieren, bräuchte es mehr individuelle Förderung. Auch sei es zum Beispiel schade, dass mit Corinna Lechner und Lisa Fischer zwei ihrer Leistungsträgerinnen im Team Maxx-Solar das Heimspiel Thüringen-Rundfahrt verpassen, weil sie zeitgleich im Nationaltrikot bei der EM in Tschechien fahren. „Wenn Nationalkader im Team fahren, stehen sie nicht nur zum Saisonhöhepunkt, sondern auch bei anderen wichtigen Einsätzen des Teams nicht zur Verfügung“, sagt Hohlfeld nachdenklich. Dies mache eine vernünftige und nachhaltige Teamarbeit nahezu unmöglich. Erleichterung im Interessenkonflikt schaffte, dass Bundestrainer André Korff vermittelnd gewirkt hätte. Nervig nennt Hohlfeld die Debatte um „ihre“ Neuseeländerin Reta Trotman. Die seit diesem Jahr in Erfurt wohnende und trainierende „Kiwi-Frau“ hätte mit einer Ausnahme-Genehmigung in der Bundesliga für Maxx-Solar starten können. Nach normalen Regularien hätte Trotman Einzelstarterin bleiben müssen. Erst auf Einsatz des Bundestrainers und ein ähnliches Begehr eines ausländischen Teams lockerte sich die Bürokratie. „So etwas kostet Geld und Nerven, anstatt dass der Verband sich freut, dass mit guten ausländischen Fahrerinnen mehr Qualität in die Rennserie gebracht wird“, bedauert Hohlfeld. Als Kapitänin für Maxx-Solar ist Trotman nach einigen sehr guten Resultaten nun bei der Rundfahrt dabei, deren Bedeutung nach Hohlfelds Auffassung vom Weltverband UCI sowie dem BDR nicht in entsprechendem Maße gewürdigt, sondern als gegeben hingenommen werde. Die Hoffnung auf eine Zusammenarbeit mit Rudolf Scharping hat sie bereits aufgegeben. Gern hätte sie dem BDR-Präsidenten persönlich gezeigt, „wie wir uns in Thüringen mit motivierten Helfern engagieren – und wo wir Unterstützung benötigen“. Aber bislang vermochte der BDR-Präsident der mehrfachen Einladung zur Thüringen-Rundfahrt, der weltweit bestbesetzten Frauen-Tour, nicht zu folgen „Man braucht sich nicht zu wunndern, wenn Veranstalter oder Teamleiter ihr Herzblut und Engagement mit der Zeit verlieren“, betont Hohlfeld. Nichtsdestotrotz ist sie zufrieden mit der nach den ersten Tagen spannenden und erfolgreichen Tour und drückt ihren Teammädels weiter fest die Daumen für ein Achtungszeichen. „Ich weiß auch schon genau, wann und wo sie es versuchen müssen. Ob sie es umsetzen können, werden wir erleben“, sagt die Teamchefin. Und Rad-Leidenschaft blitzt auf, gerade weil eine der Ihren auf der 2. Etappe als beste Deutsche mit der Siegerzeit und auf Rang 8 im Weltklassefeld ins Ziel kam.