Nach einer langen Zitterpartie rechte am Ende eine einzige Sekunde Bodnar zum Sieg. Nachdem der Pole von BORA – hansgrohe auf der 10. Etappe noch kurz vor dem Ziel eingeholt wurde, holte er heute den lang ersehnten Etappensieg in Marseille.
Vor der „Tour d’honneur“ nach Paris morgen, stand heute das entscheidende Einzelzeitfahren in Marseille auf dem Programm. Ein 22,5 km langer Kampf gegen die Uhr, zwei Rennen, Eines um den Gesamtsieg der Rundfahrt, ein Zweites um den Tagessieg. Der Kurs war dabei durchaus auf die Spezialisten zugeschnitten. Ein schneller Start entlang des Meeres, gefolgt von einem kurzen, aber steilen Anstieg zum Wendepunkt bei Kilometer 15,6. Danach zurück zum Vélodrome, wo auch gestartet wurde.
BORA – hansgrohe hatte mit Maciej Bodnar einen der Mitfavoriten am Start. Der Pole hatte bei der letzten Zeitfahrweltmeisterschaft den vierten Platz belegt, und zeigte bei dieser Tour bereits auf der 11. Etappe, wo er erst kurz vor dem Ziel vom Feld eingeholt wurde, dass seine Form stimmt. Neben Bodnar, musste auch Emanuel Buchmann noch einmal alles geben. Für den jungen Deutschen ging es um den 15. Rang in der Gesamtwertung der Tour, den er einen Tag vor dem Ende keinesfalls abgeben wollte.
Als Bodnar um 14:41 von der Startrampe ging, führte T. Phinney mit einer Zeit von 29:22. „Bodi“ wusste, dass er etwas riskieren musste, um ganz vorne mit dabei zu sein. Bewusst wählte der Pole ein horrendes Anfangstempo in der Hoffnung bis zum Ende durchzuhalten. Bei der Zwischenzeit setzte er in 20:22 die Bestmarke, auf dem zweiten Streckenteil büßte Bodnar nichts von seinem Vorsprung ein, und stellte in 28:15 die bis dahin schnellste Zeit auf. Nun begann das Warten.
Auch Emanuel Buchmann zeigte ein weiteres Mal bei dieser Tour eine gute Leistung. Der junge Ravensburger, der als leichter Bergfahrer nie zu den Favoriten im Zeitfahren gehört, kam mit einer Zeit von 30:41 ins Ziel. Dies bedeutete am Ende den 72. Rang, seinen 15. Platz in der Gesamtwertung verteidigte er souverän. Zudem belegt die deutsche Nachwuchshoffnung damit auch Rang drei im Klassement der besten Jungprofis.
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Für Maciej Bodnar war die erste Schrecksekunde, als M. Kwiatkowski seine Zwischenbestzeit unterbieten konnte. Doch im Ziel blieb Bodnar um eine einzige Sekunde vorne. Auch C. Froome scheiterte an der Bestzeit des Zeitfahrspezialisten von BORA – hansgrohe, der damit den Etappensieg sicher hatte. Diesen kommentierte er nach dem Rennen: „Was für ein Tag. Darauf habe ich lange gewartet. Als Kind habe ich davon geträumt bei der Tour dabei zu sein, jetzt gewinne ich eine Etappe, ich bin sprachlos. Ich möchte meiner Freundin danken, die immer hinter mir gestanden ist, und meiner Mutter. Leider kann mein Vater dieses Moment nicht mehr erleben, er ist vor Kurzem von uns gegangen. Auch ein Dankeschön an BORA – hansgrohe, dieser Sieg gehört uns allen! Es war eine harte Tour für uns, dieser Sieg geht auch an Peter und Rafa. Wir sind einfach ein unglaubliches Team.“
Im Ziel analysiert Coach Patxi Vila die Leistung seines Schützlings: “Glückwunsch an Bodi, was für ein Sieg! Wir haben gewusst, dass wir heute eine Chance haben. Unsere Taktik war riskant, für uns war das Ziel heute an dem Anstieg, danach ging es nur noch ums Überleben. Aber ohne Risiko kann man in der Tour nichts gewinnen. Bodi ist ein perfektes Rennen gefahren und hat unseren Plan zu 100 % umgesetzt. Ich habe schon in den letzten Tagen gewusst, dass seine Form stimmt, aber jetzt den Sieg zu holen ist unbeschreiblich.“
Morgen folgt die 21. und letzte Etappe der Tour de France. Ein Massensprint auf der Champs-Élysées wird erwartet, für Rudi Selig eine allerletzte Chance sich gegen die besten Sprinter der Welt zu behaupten. In der Gesamtwertung wird es traditionell keine Veränderungen mehr geben.