Jolanda Neff bei einem Sieg auf Zypern ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion
Jolanda Neff: Die Femme Fatale auf dem Bike
Sie ist das neue, frische Gesicht des Cross-Country-Sports: Die 22-jährige Schweizerin Jolanda Neff. 2014 stürmte sie mit drei Weltcup-Siegen an Spitze der Gesamtwertung Seit 2015 für Stöckli unterwegs, gehört die Vorjahres-Dritte beim UCI Mountainbike Weltcup presented by Shimano am 31. Mai in Albstadt zu den Topfavoritinnen.
Ihr fahrtechnisches Können sorgt für immer wieder für Furore. Ihr Balancegefühl, die koordinativen Fähigkeiten und das Auge für die Linie machen für Jolanda Neff selbst die schwierigsten Passagen scheinbar zu einem Kinderspiel. Im Alter von sechs Jahren hat sie begonnen. Der Vater war Rennradsportler- und später Mountainbiker, die Mutter „polysportiv“, wie Neff sagt, auch als Geräteturnerin und Reiterin. Damit waren alle Anlagen in die Wiege gelegt, die eine Mountainbikerin benötigt.
„Die Ausgangslage ist das eine, das andere ist, was man daraus macht“, sagt Jolanda Neff dazu. Ihre beiden Geschwister hätten ja prinzipiell die gleichen Voraussetzungen.
Was man daraus macht. „Immer das beste“, sagt sie und im Grunde ist das ein Credo von ihr.
Egal in welcher Situation, auch wenn es um Sponsoren-Termine, Foto-Shootings oder Medien-Auftritte geht. Und die häufen sich. Spätestens nach 2014, als sie im Herbst als jüngste Weltcup-Gesamtsiegerin aller Zeiten die Saison beendete und zum dritten Mal U23-Weltmeisterin geworden war. „Ich muss schon aufpassen, dass ich mich nicht verzettele und das im Rahmen halte“, sagt sie.
Ob sie diese Art von Aufmerksamkeit mag? Jolanda Neff lacht. „Von mir aus könnte man alle Termine streichen. Ich finde, wir Sportler gehören aufs Rad und sind keine Schauspieler.“ Aber das Interesse sei ja nachvollziehbar. „Aber wenn ich dann schon da bin, dann versuche ich das Beste draus zu machen. Man trifft ja auch auf coole Leute und so versuche ich mit Freude hinzugehen“, sagt sie. Eben: immer das Beste draus machen.
Die vielen Auftritte auf dem Gala-Parkett, bei Ehrungen und Show-Anlässen haben ihr schon ein Image verpasst. Herbert Grönemeyer textete laut NZZ bei den Schweizer Sports Awards spontan und etwas holprig: „Jolanda tritt in die Pedale. Sie ist eine Femme Fatale.“
Die so Betitelte lacht herzlich und lang. „Wenn mich andere so wahrnehmen… Es ist schwierig so was über sich selbst zu sagen“, meint sie dann. „Es stimmt aber ein Stück weit vielleicht schon. Ich habe halt Freude an der Mode und am Shoppen.“
Ein typisches Glamour-Girl ist sie trotzdem nicht. Eher bodenständig und unkompliziert. Und eine, der die kameradschaftliche Kultur im Mountainbike-Sport „extrem wichtig“ ist.
Im März hatte sie auf Zypern in einem Rennen mit Rückenschmerzen zu kämpfen und fiel immer weiter zurück. Dass sich praktisch jede überholende Konkurrentin bei ihr erkundigte, ob sie Hilfe, Wasser oder Gel benötigen würde, das postete sie prompt auf Twitter als „großartiges Beispiel warum Mountainbiken so ein fantastischer Sport ist“.
Es würde auch Ausnahmen geben, aber „90 Prozent“ ihrer Konkurrentinnen seien „in ihren Herzen Champions“.
„Diese Art miteinander den Sport zu betreiben, bedeutet mir wirklich viel. Ich freue mich immer diesen Spirit zu erleben und miteinander eine gute Zeit zu haben“, betont sie diesen Aspekt.
Das heißt nicht, dass Jolanda Neff nicht mit ganzer Leidenschaft Rennfahrerin ist. Manchmal nimmt sie dabei auch ein zu großes Risiko. Wie zum Beispiel beim Eliminator in der Tailfinger Innenstadt, als sie 2013 sich und ihre Konkurrentin Jenny Rissveds mit einer übermotivierten Aktion aus dem Wettbewerb schoss.
Oder als sie bei der U23-EM in St. Wendel im vergangenen Jahr wenige hundert Meter vor dem Ziel mit ihrer französischen Konkurrentin Pauline Ferrand Prevot aneinander geriet und beide stürzten. Die Bilder der beiden diskutierenden jungen Damen flottierten durchs Netz. Zumal sie 2015 bei Liv-Giant auch noch im gleichen Team fuhren.
„Wir haben uns ausgesprochen, ich verstehe mich gut mit ihr. Und ich schätze sie als Konkurrentin“, will Jolanda Neff von Zicken-Krieg nichts wissen. Das würde nun auch gar nicht zu ihrer Attitude passen. Immer das Beste draus machen.
Vergangenen Sonntag fuhr sie, relativ spontan, in Singen zum ersten Mal eine Marathon-Europameisterschaft. Sie holte hinter Sabine Spitz gleich die Silbermedaille. Richtig zufrieden war sie damit dennoch nicht, zumal es auch eine ganz knappe Entscheidung war.
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