Stellungnahme zur aktuellen PM des Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg:
Unter dem Titel „Mountainbike-Fahren im Wald – Infos zur „Zwei-Meter-Regel“
verbreitet das Ministerium eine Reihe von Ungereimtheiten, Halb- und Unwahrheiten. Einigen davon wollen wir hier exemplarisch entgegentreten. Zunächst gratulieren wir dem Verkehrsministerium jedoch zum Titelbild der Pressemitteilung: Hier sind fröhliche Kinder mit dem Mountainbike auf einem Weg deutlich unter zwei Meter Breite unterwegs. Genau das, was sich Radfahrverbände wünschen, was in Baden-Württemberg jedoch nach dem Willen des Ministeriums für ländlichen Raum und Verbraucherschutz weiterhin verboten bleiben soll.
http://mvi.baden-wuerttemberg.de/de/ministerium/presse/pressemitteilung/pid/fragen-undantworten-zum-mountainbike-fahren-im-wald/
Eingangs schreibt das Ministerium (Zitat):
„Die Landesregierung begrüßt ausdrücklich das Rad- und Mountainbike-Fahren im Wald. Sie
macht sich dafür stark, dass auf Basis der möglichen Ausnahmeregelung mehr Wege für
Mountainbikerinnen und Mountainbiker im Wald eingerichtet und zugänglich gemacht werden.“
Dazu die DIMB: Die Möglichkeit von Ausnahmeregelungen bestand schon bisher. In 18 Jahren wurden 80 km
Ausnahmen zugelassen. Weiter schreibt das Ministerium (Zitat):
„Daher wird das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) verstärkt für die
Konzipierung und Ausweisung neuer Singletrails auf kommunaler Ebene werben. Zuständig für die
Ausweisung sind die Unteren Forstbehörden. Das MLR wird diese daher auffordern, die
Konzeption von Wegen, die für das Radfahren geöffnet werden könnten, auf kommunaler Ebene
konstruktiv zu begleiten.“
Dazu die DIMB: Wenn beispielsweise die Mountainbike-AG einer Schule im lokalen Wald trainieren will, muss sie
zuerst eine Genehmigung der Forstbehörde beantragen, was mit Begehungen, Besprechungen
und weiterem organisatorischen Aufwand verbunden wäre. Wie würden diese Wege
gekennzeichnet? Was ist mit den zahllosen Weggabelungen und Kreuzungen im Wald? Müssen
dort überall Schilder aufgestellt werden? Wer übernimmt dafür die Kosten? Die Forstbehörden
werden alles tun, um diesem Aufwand zu entgehen. Zum Hintergrund der Regelung schreibt das Ministerium (Zitat):
„Die Zwei-Meter-Regel hat einen fachlichen Bezug zur Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur
Straßenverkehrsordnung, die vorsieht, dass gemeinsame Fuß- und Radwege außerorts
mindestens 2,0 Meter breit sein müssen.“
Dazu die DIMB: Das ist falsch. Ein Bezug auf die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung
wurde im Gesetzgebungsverfahren 1995 nicht dokumentiert. Zudem wäre der Bezug auch
inhaltlich falsch, denn lediglich bei Anordnung der Radwegebenutzungspflicht durch Zeichen 240
außerhalb geschlossener Ortschaften soll die lichte Breite (befestigter Verkehrsraum mit
Sicherheitsraum) in der Regel dabei durchgehend 2 Meter betragen. Das Landeswaldgesetz weist
mit der 2-Meter-Regel weit über die Anforderungen der VwV-StVO hinaus und verkennt dabei
noch, dass alle anderen Formen der gemeinsamen Nutzung dieser Wege nach der VwV-StVO
nicht an eine solche Mindestbreite gebunden sind.
Warum Baden-Württemberg als einziges Bundesland an der Zwei-Meter-Regel festhält, begründet
das Ministerium so (Zitat):
„…sehr ähnliche gesetzliche Regelungen wie in Baden-Württemberg bestehen jedoch auch in
anderen Bundesländern, beispielsweise in Rheinland-Pfalz und Thüringen.“
Dazu die DIMB: Das ist falsch. In allen anderen Bundesländern wird für das Radfahren unabhängig von der
gewählten Formulierung nicht auf die Wegebreite abgestellt.
In Thüringen wurde die 2-Meter-Regel schon vor vielen Jahren abgeschafft, ohne negative
Auswirkungen. In Hessen wurde die Einführung einer restriktive Regel gekippt und an einem
runden Tisch aller Interessensverbände eine allseits zufriedenstellende Lösung gefunden, die das
Befahren von Singletrails grundsätzlich erlaubt.
Zur Unfallgefahr äußert sich das Ministerium wie folgt (Zitat):
„Breite Waldwege bieten ausreichend Raum zum Ausweichen und sind zudem in der Regel
Das ist falsch. Uns sind in Deutschland genau zwei tödliche Unfälle mit Radfahrern und
Fußgängern im Wald bzw. am Waldrand bekannt. Beide Unfälle ereigneten sich auf Wegen, die
breiter als drei Meter waren. Unfälle auf schmalen Wegen sind dagegen nicht dokumentiert.
Weiter zur Unfallgefahr (Zitat):
„Im Übrigen müssen Fahrradfahrer unabhängig von der Wegbreite immer das Gebot der
Rücksichtnahme beachten und mit einer an die Umstände angepassten Geschwindigkeit fahren.“
Dazu die DIMB:
Hier hat das Ministerium recht. Genau das steht in den „Trail Rules“ der DIMB. Mountainbiker
verhalten sich zudem schon aus Eigeninteresse so. Schmale Wege sind mit Wurzeln, Steinen,
Stufen und anderen Hindernissen gespickt, auf die man nur bei entsprechend angepasster
Geschwindigkeit rechtzeitig reagieren kann. Die Begegnung mit Wanderern ist deshalb in der
Realität gerade auf schmalen Wegen völlig unproblematisch.
Die vielen weiteren fehlerhaften Äußerungen anzusprechen, würde hier zu weit führen. Neue
Argumente finden sich in der Pressemitteilung des Ministeriums jedenfalls nicht. Allerdings eine
bedenkliche Tendenz, die Realität weiterhin auszublenden. Denn die sieht so aus, dass die 2-
Meter-Regel ganz einfach ignoriert wird. Ohne negative Folgen für Wald, Wanderer, Wild.
Allerdings mit dem Effekt, dass der offizielle Mountainbike-Sport in Baden-Württemberg stark
behindert und das touristische Potenzial nicht ausgeschöpft wird.