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Mathieu van der Poel:
Mit Sondergenehmigung Richtung Olympia
Mathieu van der Poel ist ein Neuling in der Cross-Country-Szene, doch man wird ihn sehr bald kennen lernen. Der 21-jährige Niederländer ist ein Radsport-Supertalent. Für den Traum Olympische Spiele hat der Sprössling einer berühmten Radsport-Familie die schmalen Reifen durch die breiten ersetzt und sich auf die Jagd nach der Norm gemacht.
Wer im Alter von 20 Jahren in der Elite-Kategorie Radsport-Weltmeister wird, egal in welcher Disziplin, der muss herausragendes Talent besitzen. 2015 streifte sich der in Belgien geborene und auch lebende Niederländer im tschechischen Tabor das Regenbogen-Jersey über.
Bei Mathieu van der Poel (BKCP-Corendon) wundern diese überbordenden genetischen Voraussetzungen nicht. Sein Großvater mütterlicherseits ist der legendäre Raymond Poulidor. Der Franzose wurde bei der Tour de France fünfmal Zweiter und er gewann 1964 die Vuelta Espana.
Der Vater heißt Adri van der Poel und war 1996 Weltmeister im Cyclo-Cross, Sieger einiger Klassiker und zweifacher Tour-de-France-Etappensieger.
Aber dennoch dauerte es bis zum Alter von 14, ehe sich Mathieu entschied auf die Karte Radsport zu setzen. Tennis hatte er probiert und Fußball. Auch mit dem runden Leder konnte er so gut umgehen, dass er bei einigen Klubs beim Vorspielen war. „Ich spiele nach wie vor gerne Fußball“, bekennt van der Poel, „aber der Radsport hat mir noch ein bisschen mehr Spaß gemacht.“
Vier Jahre später war er schon Junioren-Weltmeister im Cyclo-Cross. Er wiederholte den Erfolg im folgenden Jahr (2013) und neun Monate später gewann er auch das Junioren-Rennen bei der Straßen-WM in der Toskana.
Die Erfolge scheinen ihm in den Schoß zu fallen, auch wenn er das Regenbogen-Jersey im Cyclo-Cross dieses Jahr seinem belgischen Rivalen Wout van Aert überlassen musste. Vier Weltcupsiege in Folge verbuchte er dennoch, nachdem er aus gesundheitlichen Gründen erst spät in die Saison einsteigen konnte.
Das Mountainbike? Ein fast fremdes Sportgerät!
Nach der WM, bei der van der Poel nicht mehr in Topform war und Fünfter wurde, fiel die Entscheidung ab Frühjahr nicht wie üblich auf das Straßenrad zu wechseln, sondern neues Terrain zu erobern. Die Gründe dafür?
Es gibt vor allem einen. „Ich will bei den Olympischen Spielen dabei sein. Auf der Straße ist das für mich fast unmöglich. Ich fahre da nur in einem zweitklassigen Team und deshalb auch nicht die großen World Tour-Rennen. Ich habe meine Sponsoren und mein Team davon überzeugt, dass es mehr Sinn macht, es auf dem Mountainbike zu versuchen“, erklärt Mathieu van der Poel.
Bis diesen Februar war das Mountainbike für ihn fast ein fremdes Sportgerät. „Ich bin mein ganzes Leben nie Mountainbike gefahren. Ich hatte letztes Jahr im Sommer zum ersten Mal ein Mountainbike. Ich denke, ich bin zuhause zweimal damit gefahren. Während der Straßensaison bleibt da keine Zeit“, erklärt van der Poel.
Unerwartet starker Einstieg
Das Unternehmen olympisches Mountainbike-Rennen ist Ende Februar auf Zypern angelaufen. Das viertägige Afxentia-Etappenrennen war der erste Test. Prompt gewann er – gegen Weltklasse-Konkurrenz – eine Etappe und wurde Gesamtvierter. Allem Anfängertum zum Trotz. Es scheint egal, in was für Pedale er steigt. „Das habe ich nicht erwartet“, bekannte van der Poel dennoch. Zumal es da auch lange Anstiege gab, die ihm nicht entgegen kamen.
Wichtig sind aber die drei Weltcup-Rennen und die EM im Frühjahr. Im australischen Cairns heißt das Ziel Top 16. Das würde ihm die Gelegenheit geben beim zweiten UCI Mountainbike Weltcup presented by Shimano in Albstadt in der zweiten Startreihe zu stehen und damit der niederländischen Qualifikations-Hürde zweimal Top 12 oder einmal Top 6 näher zu kommen. Das Bullentäle könnte für ihn also zu einem wichtigen Schauplatz werden, auch wenn die steilen Anstiege dem 1,87 Meter großen Schlaks nicht gerade entgegen kommen.
Auch fahrtechnisch ein Talent
Die Sondergenehmigung, die er als nomineller U23-Fahrer vom Weltverband UCI für den Start im Elite-Weltcup benötigte, ist inzwischen eingetroffen und kann van der Poel das Unternehmen Rio in Angriff nehmen.
Was für ihn spricht, ist nicht nur das phänomenale physische Talent. Van der Poel liebt es mit seinem Bike zu spielen. Bei Youtube findet man ein Video, in dem er bei einem Sprung mit dem Cyclo-Cross-Rad eine Figur, einen so genannten „Whip“ mit dem Vorderrad macht. So wie man es von Nino Schurter und anderen Mountainbikern kennt.
„Ich mag das Fahrtechnische am Mountainbiken. Das ist ein weiterer Grund es auf dem MTB zu versuchen“, sagt van der Poel. Mit diesen koordinativen Fähigkeiten und dem notwendigen Mut ausgestattet, dürfte er im fahrtechnischen Bereich nicht viel Zeit liegen lassen.
Ein Vorbild aus dem Cyclo-Cross gibt es ja schon. Der belgische Cross-Star Sven Nys war zweimal bei den Olympischen Spielen. Erst mal will Mathieu van der Poel aber ein Cyclo-Cross-Spezialist bleiben. Sofern er nicht bald bei einem Profi-Team auf der Straße landet. Wie das eben so ist: Multi-Talente sind überall gefragt.
Van der Poel_spitze_CSC16_Afxentia_stage#4_men_by Goller
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