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Die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro sind 2016 auch für die Mountainbiker der Fixpunkt der Saison. Und das sportliche Großereignis spielt auch schon beim UCI Mountainbike Weltcup presented by Shimano in Albstadt am 22. Mai eine Rolle. Drei deutsche Damen kämpfen um zwei Tickets, sieben Schweizer Herren um drei. Und dann ist da noch diese ominöse Nationenwertung.
Es geht um Weltcupsiege, um die begehrten fünf Plätze auf dem Podium und um die Gesamtwertung. Das ist das eine, das Offensichtliche, das sich interessierten Zuschauer sofort erschließt. Doch wenn am 22. Mai im Bullentäle zuerst bei den Damen und dann bei den Herren der Startschuss fällt, dann laufen da auch Rennen im Rennen, dann geht es auch um den 20. und den 21. August, um die olympischen MTB-Wettkämpfe am Zuckerhut.
Zwei Arten der Qualifikation sind im Gange. Einerseits die individuelle, für die eine bestimmte, von Land zu Land unterschiedliche Norm erfüllt werden muss. Auf der anderen Ebene geht es um die Nationen-Weltrangliste, genauer gesagt um eine Addition zweier Wettkampf-Jahre, in denen jeweils die drei Sportler mit den meisten Punkten gezählt werden.
Am 24. Mai endet diese Periode, also zwei Tage nach dem Weltcup in Albstadt. Somit wird an diesem Sonntag im Bullentäle der Vorhang zugezogen und gerechnet.
Bleiben wir mal bei dieser Nationenwertung. Bei den Herren bekommen die ersten fünf nationalen Radsport-Verbände für Rio drei Startplätze zugewiesen. Von Position sechs bis 13 sind es zwei und dann bis 23 noch einer. Die restlichen Plätze bis zur maximalen Starterzahl 50 werden über die Kontinental-Verbände Asien, Amerika, Afrika und Ozeanien aufgefüllt. Bei den Damen dürfen nur 30 Fahrerinnen starten, so dass es so maximal zwei Startplätze gibt. Von Rang neun bis 17 gibt es nur einen.
Deutsche Herren in der Defensive
Während das für die deutschen Damen in Albstadt kein Thema ist, weil sie hinter der Schweiz sicher an zweiter Position rangieren, könnten die deutschen Herren das Nachsehen haben. Sie liegen nach dem Weltcup in Cairns an sechster Stelle, 235 Punkte hinter den Tschechen. Das ist kaum noch aufzuholen. Lange war Italien der Gegner, doch die haben sich, auch bedingt durch die Verletzung von Olympiasieger Jaroslav Kulhavy (Cze) an den Tschechen vorbeimanövriert.
Die deutschen Herren scheinen das Ziel zu verfehlen und die Crux liegt schon in der vergangenen Saison als Moritz Milatz aufgrund seines Studiums nicht in der Lage war Punkte zu sammeln, wie man es von ihm gewohnt war. Zudem war auch die zweite Reihe mit Markus Schulte-Lünzum, Simon Stiebjahn und Markus Bauer nicht das ganze Jahr da, wo sie sein wollte.
Man werde bis zum Schluss alles geben, hat Bundestrainer Peter Schaupp angekündigt, doch anderseits bekennt er auch: „Als Bundestrainer sollte man das vielleicht gar nicht so sagen, aber man muss schon bekennen, dass wir es mit diesen Leistungen auch nicht unbedingt verdient haben einen dritten Mann nach Rio zu schicken.“
Sicher gehören auch unglückliche Umstände dazu. Vor allem der, dass Milatz Ende 2014 als Vierter der WM keinen Profi-Vertrag mehr bekam. Doch es fehlten auch die Anschluss-Leistungen, also Top-20-Ergebnisse.
Womit wir wieder bei der individuellen Qualifikation wären. Zweimal Top 20 oder einmal Top 10 ist die geforderte Norm, die bei den Herren Manuel Fumic und Moritz Milatz bereits im vergangenen Jahr erfüllt haben.
Vier machen sich leise Hoffnungen
Die könnte auch noch eine Woche nach Albstadt, im französischen La Bresse erfüllt werden. Sollte das einem Fahrer gelingen und Milatz weiter seinem früheren Niveau hinterherfahren, dann müssten sich die Verantwortlichen noch mal Gedanken machen. Nachdem sich Markus Bauer beim Training in Cairns einen Beckenbruch zugezogen hat, sind es Simon Stiebjahn, Markus Schulte-Lünzum, Martin Gluth und auch der 38-jährige Karl Platt, der seinen Hut in den Ring geworfen hat, die in Albstadt um diese Norm kämpfen wollen.
Im Prinzip kann auch U23-Fahrer Ben Zwiehoff mit einem Sieg oder zwei zweiten Plätzen im U23-Weltcup noch eingreifen.
Dramatisch bei den Schweizern und den Franzosen
Noch spannender geht es im Lager der Schweizer zu. An Weltmeister Nino Schurter führt kein Weg vorbei. Doch dahinter sind es gleich sechs weitere Eidgenossen, die sich Hoffnungen auf die beiden verbleibenden Tickets nach Rio machen können. Florian Vogel (2x) und Mathias Flückiger haben die hohe Hürde Top Fünf bereits genommen, doch Fabian Giger, Mattias Stirnemann, Lars Forster und Lukas Flückiger sind dazu auch in der Lage. Aus Schweizer Sicht ist die Olympia-Qualifikation der schiere Wahnsinn, müssen doch so viele Topfahrer dann zuhause bleiben.
Nur wenig dramatischer geht es bei den Franzosen zu, hinter dem zweifachen Albstadt-Sieger Julien Absalon. Da kämpfen Maxime Marotte, Jordan Sarrou, Victor Koretzky (alle im gleichen Team) und Stephane Tempier (Ex-Teamkollege bei BH-Sr Suntour-KMC) um zwei Positionen.
Drei oder vier deutsche Damen im Konkurrenzkampf
Aufregend könnte es auch im Lager der deutschen Damen werden. Da haben mit Sabine Spitz, Adelheid Morath und Helen Grobert ja drei Fahrerinnen die geforderte Norm (1x Top 8 oder 2x Top 15) bereits erfüllt. Im Grunde kämpfen sie bis Ende Mai gegeneinander. Und vielleicht sogar noch gegen Elisabeth Brandau, denn die Schönaicherin könnte die Norm auch noch erfüllen.
Die besseren Resultate werden den Ausschlag geben. Im Zweifel spielen dann noch andere Faktoren eine Rolle, wie Erfahrung, Strecke oder die Fähigkeit bei Groß-Ereignissen Leistung abrufen zu können. Doch gegen Top-Resultate lässt sich kaum argumentieren.
Im Team Ghost kämpft man um Platz 17
Eine sehr spezielle Konstellation ist auch im Ghost Factory Racing Team entstanden. Schweden, die Niederlande und Österreich kämpfen an den Positionen 18 bis 20 noch um den 17. Platz (siehe oben), den aktuell Tschechien einnimmt.
Und bei Ghost fahren Alexandra Engen, Anne Terpstra und Lisi Osl im Prinzip gegeneinander um dieses eine Olympia-Ticket. Allerdings sieht es aktuell eher so aus, als ob Schweden dann von der letztjährigen U23-Weltcupsiegerin Jenny Rissveds vertreten wird. Anne Terpstra kämpft auch noch um die individuelle Qualifikation.
Das sind nur einige von vielen weiteren mehr oder weniger dramatischen Konstellationen in den olympischen Qualifikations-Turbulenzen, die mit diesem Spezialwissen im Bullentäle sichtbar werden. Daraus mag sich dem Zuschauer im Ziel dann die eine oder andere Träne, der eine oder andere unbändige Jubel erschließen.
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