Der Titelverteidiger aus Dänemark pulverisierte die Weltbestzeit beim DATEV Challenge Roth powered by hep
ROTH. Sechs Rekorde durfte Rennleiter Felix Walchshöfer beim DATEV Challenge Roth powered by hep verkünden: Daniela Ryf und Magnus Ditlev stellten neue Weltbestzeiten auf, beide zudem neue Streckenrekorde auf dem Rad, Patrick Lange unterbot mit 2:30:27 Stunden die bisherige Marathon-Bestzeit, und auch 300000 Zuschauer markierten einen neuen Rekord. „Ein Triathlon schöner als gemalt“, freute sich Walchshöfer. Verschmitzt lächelnd berichtete er nur von einem logistischen Problem: Es habe sich bereits kurz nach dem Rekord-Rennen eine Schlange zur Anmeldung für das nächste Jahr gebildet, für die der Counter erst am Folgetag geöffnet werde. Die 3500 Einzel- und 650 Staffel-Startplätze beim weltweit größten Langdistanz-Triathlon sind eben so beliebt wie nie.
Dies hat auch mit den Protagonisten von diesem Jahr zu tun: So sehr sie über 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Radfahren und den abschließenden Marathon im Wettkampf Konkurrenten sind, so freundlich begegnen sie sich nach dem Rennen, beispielsweise auf der anschließenden Pressekonferenz. Der Zweitplatzierte Patrick Lange wurde vom Moderator gefragt, ob er sich aufgrund des Ausnahmerennens von Magnus Ditlev auch als Sieger fühle. „Als Sieger? Nein. Sieger ist einfach und allein Magnus“, entgegnete der Roth-Sieger aus dem Jahr 2021. „Das war heute eine absolute Demonstration seiner Stärke. Er ist der König von Roth.“
Weltbestzeit zeichnete sich früh ab
Schon beim Wechsel vom Rad auf die Laufstrecke zeichnete sich die neue Weltbestzeit Magnus Ditlev ab, der mit knapp sechs Minuten Vorsprung vor Patrick Lange und dem US-Amerikaner Ben Kanute ins Ziel in Roth einlief. Der 25-jährige Vorjahressieger hatte seinen eigenen im Vorjahr aufgestellten Radrekord unterboten und war in 3:57:45 Stunden die 180 Kilometer gefahren. Beim Wechseln kam der spätere Achtplatzierte, Sam Laidlow aus Frankreich, noch knapp vor Magnus Ditlev aus dem Wechselzelt. Auf der Laufstrecke hatte Laidlow jedoch mit Problemen an der linken Wade zu kämpfen, so dass Ditlev sich rasch einen großen Vorsprung herauslaufen konnte.
„Ich fühle mich müde, aber überglücklich“, sagte Ditlev. Nach etwa der Hälfte der 42 Kilometer langen Laufstrecke war ihm bewusst geworden, dass er das Rennen gewinnen werde: „Daran darf ich aber nie denken, sonst blockiert das.“ Erst kurz vor dem Ziel habe er realisiert, dass er die Weltbestzeit tatsächlich knacken werde: „In erster Linie bin ich für den Sieg gelaufen. Dass es eine so gute Zeit geworden ist, macht mich aber umso glücklicher.“ In Roth fühle er sich sehr wohl: „Als ich diesmal als Vorjahressieger in Roth angekommen bin, wurde ich überall willkommen geheißen.“
„Die meisten Verletzungen sind Hörschäden“, scherzt Sebi Kienle
Das zeichnet den Wettkampf im Triathlon-Mekka aus: Die Helfer, die Einwohner, die Zuschauer feuern die Athleten an und unterstützen vor, während und nach dem Rennen. „Mir haben die Leute immer ,Genieß es! Genieß es!‘“ zugerufen“, meinte auch Sebastian Kienle, der seine Profi-Karriere mit seinem 14. Platz in Roth beenden wird, und scherzte: „Es gab wenig Verletzungen. Die meisten sind irgendwelche Hörschäden.“ Mit seiner Zeit von 8:03:49 Stunden war er nicht ganz zufrieden. Auf dem Rad hatte er aber auch mit Problemen mit seinem Hinterreifen zu kämpfen. „Das Podium war heute noch einmal mein Traumziel. Bei dieser Konkurrenz wäre es aber nicht drin gewesen.“ Trotzdem zog er ein äußerst positives Fazit: „Roth hat mich meine ganze Karriere über begleitet. Das prägt mich natürlich.“
Die Konkurrenz – das waren bis zur zweiten Wechselzone vor allem Patrick Lange, Roth-Sieger aus dem Jahr 2021, und Sam Laidlow, Hawaii-Zweiter 2022. Lange hatte auf der Laufstrecke noch einmal aufgeholt, bei Kilometer 24 Laidlow überholt. „Mir war aber schon mit dem Wechsel zum Laufen klar, dass ich den Rückstand auf Magnus nicht mehr einholen kann“, sagte der 36-Jahre alte Hawaii-Sieger von 2017 und 2018. „Es war trotzdem ein mega Tag. Ich habe eine gute Aufholjagd gezeigt und es am Ende doch noch einmal spannend gemacht.“ Geschmerzt habe ihn nur, dass er sein Ziel, den Marathon in einer Zeit von unter 2:30 Stunden zurückzulegen, um 27 Sekunden verpasst habe. „Das lässt immer noch Raum für Verbesserungen.“ Außerdem habe er beim Schwimmen eins aufs Auge bekommen. „Ich habe alles gegeben – bis zum letzten Meter. Aber Magnus hat sich mit Händen und Füßen gewehrt.“
Auch Ben Kanute aus den USA, der nach 7:37:01 Stunden Drittplatzierte, hatte Magnus Ditlev nichts entgegenzusetzen: „Das Rennen war absolut unglaublich. So etwas wie den Solarer Berg habe ich noch nie zuvor erlebt“, sagte der 30-Jährige über seinen erst dritten Start bei einer Langdistanz. „Magnus und Sam haben auf dem Rad ganz schön Druck gemacht. Ich habe versucht dranzubleiben.“ Bei 13 Sub8-Finishern hat die absolut respektable Zeit immerhin für den dritten Podiumsplatz gereicht.
Daniela Ryf knackte die Weltbestzeit von Chrissie Wellington
Die Schweizerin erhielt die Siegermedaille beim DATEV Challenge Roth powered by hep durch ganz besondere Hände überreicht
ROTH. Daniela Ryf und Anne Haug waren sich vor dem DATEV Challenge Roth powered by hep einig: Wer den Triathlon-Klassiker diesmal gewinnt, muss eine neue Weltbestzeit aufstellen und die inzwischen zwölf Jahre alte Marke von Chrissie Wellington unterbieten. Beide Hawaii-Siegerinnen hatten Roth schon zwei Mal in Roth gewonnen: die 36-jährige Schweizerin 2016 und 2017, die 40-jährige Lokalmatadorin aus Bayreuth 2021 und 2022. Fragte sich nur, wer das Rennen diesmal macht. Letztlich war es bereits auf der Radstrecke ein Alleingang von Daniela Ryf, die in 8:08:21 Stunden fast 13 Minuten vor Anne Haug im Ziel ankam.
„Es war für mich ein ganz spezieller Tag“, freute sich die fünffache Ironman-Weltmeisterin aus der Schweiz nach dem Rennen. „Das Feld war gigantisch stark. Die 8:08 Stunden haben sich angefühlt wie zwei Stunden. Es war zwar hart, aber ich hatte die besten Füße beim Schwimmen.“ Schon zwei Mal habe sie zuvor versucht, die Weltbestzeit von Chrissie Wellington zu knacken. „Ich dachte mir: Wenn ich das heute nicht schaffe, dann nie. Doch dann habe ich mich gefühlt, als ob ich über die Strecke fliege.“ Zumindest auf der Radstrecke schien Daniela Ryf tatsächlich Flügel zu haben, schließlich unterbot sie ihre eigene Radbestzeit auf dem zwei mal 90 Kilometer langen Rundkurs durch den mittelfränkischen Landkreis Roth.
Obwohl die Weltbestzeit bereits während der Radstrecke greifbar nahe schien, habe sich Ryf darauf nicht fokussiert, sondern darauf, die Konkurrenz zu schlagen. „Das hat mir geholfen, über mich hinauszuwachsen.“ Bei ihrem letzten Rennen auf Ibiza sei sie gut vorbereitet gewesen und habe ein schlechtes Rennen absolviert. „Ich war mir daher nicht sicher, ob ich das heute heimlaufen kann. Es hat aber geklappt.“ Das war auch deshalb nicht gewiss, weil sie nach einem guten Saisonstart vor knapp zwei Monaten ein Virus aus dem Tritt gebracht habe. „Die letzten beiden Wochen ist es dann wieder gut gelaufen, so dass ich schon zuversichtlich war.“ Bereits auf dem Rad hatte sich die Schweizerin einen so großen Vorsprung erarbeitet, der für ihre Konkurrentinnen uneinholbar war. Im Ziel strahlte die nun dreifache Roth-Siegerin daher überglücklich: „Es war ein perfekter Tag. Das war meine beste Leistung, die ich jemals gezeigt habe.“
Die „Klassen-Oma“ will 2024 erneut starten
Vorjahressiegerin Anne Haug zeigte sich deshalb über den zweiten Platz durchaus zufrieden: „Ich habe alles aus meinem Körper geklopft, was man klopfen kann. Daniela war von einem anderen Stern. Deshalb fühlt sich der zweite Platz wie ein Sieg an.“ Beim Schwimmen und beim Radfahren habe die Bayreutherin beißen müssen. „Man hat seine eigene Leistung in der Hand. Ich habe alles gegeben, was ich geben kann. Deshalb bin ich zufrieden – und auch glücklich wegen der Stimmung. Den Solarer Berg sieht man ja zum Beispiel gar nicht. Bei all den Zuschauern wird man irgendwann einfach oben ausgespuckt.“ Dieses Jahr werde in jedem Fall nicht ihr letzter Start in Roth gewesen sein: „Ich bin jetzt zwar die Klassen-Oma“, scherzte die 40-Jährige. „Ich sehe aber noch keinen Grund, warum ich aufhören sollte.“
Bei diesem Weltklasse-Feld war es für Laura Philipp ein enormer Erfolg, als Dritte aufs Podium zu kommen. „Es war ein unglaublich harter Tag für mich“, bilanzierte die 36-Jährige. „Persönlich hatte ich nicht den besten Tag. Ich war viel alleine unterwegs.“ Schon beim Schwimmen im Main-Donau-Kanal hat sie den Anschluss an die Spitzengruppe verloren, auch auf der Radstrecke musste sie viel alleine kämpfen. „Mit dem dritten Platz habe ich aber immerhin eine der drei Hawaii-Siegerinnen hinter mir gelassen.“ Tatsächlich ist die Erste aus dem Jahr 2022, Chelsea Sodaro aus den USA, auf der Laufstrecke ausgestiegen.
„Es ist Wahnsinn, was vom Schwimmstart bis zum Ziel los war“, meint Laura Philipp. „So eine Begeistertung habe ich noch nie erlebt.“ Auch deshalb sei es ihr gelungen, ihr Ding zu machen und nicht aufzugeben. Über die Siegerin Daniela Ryf sagt sie nur anerkennend: „Daniela hat ein neues Zeitalter eingeläutet. Das war eine mega Performance. Jetzt müssen wir alle nach Hause gehen und schauen, was wir besser machen können.“ Die bisherige Weltbestzeit-Halterin Chrissie Wellington war als Besucherin diesmal übrigens in Roth vor Ort und ließ es sich nicht nehmen, Daniela Ryf die Siegermedaille zu überreichen. Zuvor hatte Wellington bereits orakelt: „Die Weltbestzeit wird fallen. Da bin ich mir sicher. Ich habe sie lange genug gehalten. Ich bin so happy, dass ich dabei bin, wenn sie heute geknackt wird.“